AutorInEin Beitrag von Yusuf
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Die Linke Kreisverband Oberhausen
26.06.2018

Yusuf Karacelik zu Kapazitätsplanungen für die Unterbringung von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften

Wir dokumentieren die Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Yusuf Karacelik anlässlich der gestrigen Ratssitzung: „Sehr geehrte Damen und Herren,  es sind nicht immer die großen Ereignisse und unübersehbaren Beschlüsse, die eine Zeit und ihren Geist charakterisieren.  Oft sind es die Fußnoten, die vermeintlichen Nebensächlichkeiten, die bei genauerer Betrachtung mehr über das politische Klima in einem Land aussagen, als vieles andere.  So eine vermeintliche Nebensächlichkeit, eine zukünftige Fußnote in der Geschichte dieser Stadt liegt uns heute hier zur Abstimmung vor.  Auf den ersten Blick könnte man ja meinen, dass es ein Grund zur Freude ist, wenn in Oberhausen in Zukunft weniger Plätze für die Aufnahme von Flüchtenden benötigt werden.  Wir werden dem Antrag zustimmen. Dies können wir aber nicht, ohne zu darauf hinzuweisen, dass das Problem in keinster Weise gelöst wurde.  Denn wenn man sich die Gründe anschaut, warum immer weniger Flüchtende in Deutschland und somit auch in Oberhausen ankommen, erkennt man schnell, dass es hier nicht den geringsten Anlass zu Freude gibt.  So ist weder der blutige Bürgerkrieg in Syrien, noch das seit bald 40 Jahren andauernde Schlachten in Afghanistan beendet, noch hat die systematische  Ausbeutung Afrikas durch den so genannten „freien Westen“ nach mehr als 500 Jahren Kolonialismus endlich ein Ende gefunden.  Letzte Woche noch gab der UNHCR anlässlich des Tages der Flüchtlinge bekannt, dass 2017 so viele Menschen wie nie zuvor seit Ende des 2. Weltkrieges auf der Flucht sind. Beinahe 70 Millionen, die Hälfte von ihnen Kinder.  Dass wir heute also über eine Beschlussvorlage abstimmen „können“, die eine Reduzierung der Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtende in dieser Stadt vorsieht, hat einen anderen Grund. Sie ist die logische Konsequenz einer sich in dramatischen Tempo verschärfenden Barbarisierung der deutschen und europäischen Politik gegen Flüchtende.  Die Wohlstandsinsel Europa schottet sich ab und macht die Grenzen dicht, wobei weder internationales noch eigenes Recht das Papier mehr wert sind, auf dem es geschrieben steht.  Als erster „Meilenstein“ sei hier  der von den hier vor mit sitzenden Mitglieder der Fraktionen der CDU und SPD mit zu verantwortende so genannte Flüchtlingsdeal mit der Türkei genannt.  Für 6 Milliarden Euro hat man sich den klerikal-faschistischen türkischen Präsidenten Erdogan und sein AKP-Regime als Türsteher Europas eingekauft und so die Fluchtroute über die Türkei kaltschnäuzig und skrupellos geschlossen.  Was mit jenen ist, die aus Syrien oder Afghanistan kommend nun in der Türkei verbleiben müssen, wissen wir nicht.  Mittlerweile schrecken weder die Regierung dieses Landes, noch die EU davor zurück, die kriminellen Warlords, die in Libyen Land und Leute terrorisieren, mit Millionen und Abermillionen an Steuergeldern zu unterstützen, damit diese uns die afrikanischen Armutsflüchtlinge im wahrsten Sinne des Wortes vom Hals halten, koste es, was es wolle.  Geld und Waffen für Verbrecherbanden, die nicht einmal davor zurückschrecken für eine Handvoll Dollar Extra-Profit jene Flüchtenden, derer sie habhaft werden können, auf Sklavenmärkten an den Meistbietenden zu versteigern: 800 Dollar für einen jungen, gesunden Afrikaner gilt als üblicher Preis.     In der vorliegenden Beschlussvorlage spiegelt sich somit die zunehmende und sich täglich verschärfende deutsche und europäische Flüchtlingspolitik. Sie ist Ausdruck des – um ein Wort des französischen Philosophen Jean-Paul Sartre aufzugreifen – Striptease unser Humanität.  Sie dürfte uns überhaupt nicht vorliegen, wenn Humanität im Kapitalismus nicht immer schon lediglich ein Feigenblatt zu Bemäntelung seines blutigen Profitstrebens gewesen wäre.  DIE LINKE.LISTE wird sich weiterhin kompromisslos für die Belange der zu uns geflüchteten Menschen in Oberhausen einsetzen.“

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