AutorInEin Beitrag von Jens
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Die Linke Kreisverband Oberhausen
05.03.2021

Vortrag: Das Gesundheitswesen in Kuba

In der „Erklärung von Havanna“ am 2.9.1960 legte Fidel Castro die Basis des kubanischen Gesundheitswesens fest. Es basiert auf einem der ethischen Grundprinzipien der Revolution, nämlich dem Recht auf Befriedigung elementarer Bedürfnisse wie Ernährung, Obdach und Versorgung mit essentiellen gesellschaftlichen Ressourcen wie Bildung, Arbeit, Alters- und Gesundheitsversorgung.

Die medizinische Versorgung ist kostenlos in Kuba. Medikamente müssen teils mit einem geringen, mehr symbolischem Obulus bezahlt werden.

Die Gliederungen des Gesundheitssystems:

Die revolutionärste Idee des kubanischen Systems ist, dass Ärzte dort leben, wo sie arbeiten. Zusammen mit einer Krankenschwester betreut ein Familienarzt/Familienärztin jeweils 120–130 Familien, also 600–700 Personen, im Wohnbezirk. Dabei sind Arztwohnung und Praxis meist im gleichen Haus untergebracht.

Zu den Aufgaben gehören neben der täglichen Gesundheitsfürsorge speziell auch die Schwangeren-, Kleinkind- sowie Altenbetreuung (Sozialmedizin). Wichtige weitere Tätigkeitsaspekte sind die präventive Medizin und die Rehabilitation. Das Familienarztprogramm wurde 1984 eingeführt und schnell ausgeweitet. Bis Ende 1994 wurden bereits 94% der Bevölkerung von Familienärzten versorgt, derzeit sind es über 99%. Diese Grundversorgung umfasst auch die ländlichen Gebiete, selbst entlegene Bergregionen. Hinter den Arztpraxen stehen Krankenhäuser  policlinicos, welche die Dienstbereitschaft außerhalb der Sprechstundenzeiten übernehmen und eine große Vielfalt von Spezialisten anbieten. Polikliniken koordinieren die Gesundheitsleistungen in der Gemeinde und sorgen für die örtliche Durchführung nationaler Gesundheitsinitiativen. Gesundheitsposten existieren außerdem in Kindereinrichtungen, Schulen, Hotels und vielen Arbeitszentren.

Die Kubaner*innen nennen ihr Gesundheitssystem „ganzheitliche allgemeine Medizin“ (MGI)

Einige Ergebnisse des kubanischen Gesundheitssystems:

Kuba hat eine größere Dichte an Ärzt*innen als die USA oder die BRD: Kuba hat 8 pro 1000 Einwohner*innen, die BRD vier pro 1000 Einwohner*innen und die USA nur drei pro 1000 Einwohner*innen.

Vorsorge wird im kubanischen Gesundheitssystem groß geschrieben. Die Lebenserwartung sowie die Kinder- und Müttersterblichkeit entsprechen denen der entwickelten Länder.

Nach dem CIA Factbook 2019 lag die Säuglingssterblichkeit (bis zum Ende des 1. Lebensjahres) 2018 in den USA bei 5,7/1000, in Kuba bei 4,4/1000. Sie ist weniger als halb so groß wie die der farbigen Bevölkerung in den USA.

Bei den Kindern werden 13 Impfungen, einschließlich Hepatitis und Meningitis durchgeführt. Das entspricht höchsten internationalen Anforderungen. Das kubanische Gesundheitswesen wird von zahlreichen internationalen Expert*innen als vorbildlich bezeichnet, insbesondere auch von der Weltgesundheitsorganisation WHO. Das in Kuba Erreichte und Entworfene beeinflusste die Entwicklung von Maßstäben und Leitlinien der WHO. Don Fitz (Finnland) hat aus den umfassenden Erfahrungen, die Kuba mit der Entwicklung seiner medizinischen Wissenschaft gemacht hat und mit der Weitergabe dieses Ansatzes an arme Länder in aller Welt, allgemeine Schlussfolgerungen gezogen, u.a.:

 

  1. Es ist nicht nötig für eine medizinische Versorgung als erstes auf teure Technologien zu

setzen. Kubanische Ärzte benutzen die Geräte, die zur Verfügung stehen, verfügen aber über die erstaunliche Fähigkeit, Katastrophenopfer im Freien chirurgisch zu behandeln. Sie sind sich sehr bewusst, dass die meisten Leben durch Präventivmedizin wie Ernährung und Hygiene gerettet werden, und dass traditionelle Kulturen ihre eigene Weisheit des Heilens haben. Dieses steht in direktem Gegensatz zur westlichen Medizin, wie sie insbesondere in den USA vorherrscht, die kostspielige Diagnose- und Behandlungstechniken als Mittel der ersten Wahl benutzt und auf Natur- und Alternativansätze verächtlich herabschaut.

  1. Die Ärzte müssen Teil der Gemeinden sein, in der sie arbeiten. Das kann heißen, in derselben Nachbarschaft zu leben, z.B. in einem peruanischer Consultorio. Es kann heißen, in einer venezolanischen Gemeinde zu wohnen, die sehr viel gewalttätiger ist als eine kubanische. Oder es kann heißen, in Notfallzelten nahe den Unterkünften von Katastrophenopfern zu leben, wie es kubanische medizinische Brigaden nach dem Erdbeben 2010 in Haiti getan haben. Kubanisch ausgebildete Ärzte kennen ihre Patienten, indem sie die Gemeinden kennen, in denen die Patienten leben. So unterscheiden sie sich deutlich von US-amerikanischen Ärzten, die keinerlei Ausbildung darin haben, die häuslichen Bedingungen ihrer Patienten mit einzubeziehen.
  2. Das Modell der MGI beschreibt Beziehungen zwischen Menschen, die über eine Faktensammlung weit hinausgehen. Statt Berge von Informationen auswendig zu lernen, die für die angewandte Medizin in den Gemeinden kaum gebraucht werden, wie US-Studenten es tun müssen, um medizinische Examina zu bestehen, lernen kubanische Studenten, was für den Bezug zu den Patienten in consultorios, polyclinicos, Feldhospitälern und entlegenen Dorfschaften notwendig ist. Weit entfernt davon, lästige Zusatzkurse zu sein, sind Studien darüber, Menschen als körperliche, seelische und gesellschaftliche Wesen zu sehen, entscheidend für die alltägliche kubanische Medizin.

 

Don Fitz: „Die globalen Gesundheitsdiskussionen im Westen beklagen typischerweise die unbestreitbare Tatsache, dass arme Länder immer noch unter chronischen und ansteckenden Krankheiten leiden, die reiche Länder schon seit Jahrzehnten unter Kontrolle haben. Internationale Gesundheitsorganisationen ringen die Hände über hohe Kindersterblichkeit und über die in großen Teilen der Welt fehlenden Ressourcen, um mit Naturkatastrophen umzugehen. Aber sie nehmen das eine Gesundheitssystem nicht zur Kenntnis, das in einem armen Land wirklich funktioniert, für die Gesundheit aller seiner Bewohner sorgt und darüber hinaus für die Gesundheit von Millionen anderer rund um die Erde. Die Verschwörung zum Schweigen, das den lauten Widerhall der Erfolge des kubanischen Gesundheitssystems umgibt, beweist die Gleichgültigkeit derer, die mit frommer Geste die größte Besorgnis heucheln.“

Über Kubas medizinischen Internationalismus lässt sich ein weiterer Abend bestreiten, deshalb hierzu nur einige Beispiele:

Gambia: Hier wurde die Malaria durch die Intervention kubanischer Fachleute Anfang der 2000er Jahre in zwei Jahren von 600.000 auf 200.000 Fälle zurückgedrängt.

Haiti: bereits seit 1998 kontinuierlich v.a. bei der Alphabetisierung und im medizinischen Sektor. Die medizinische Hilfe erreichte etwa 75 Prozent der etwa 9 Millionen Einwohner Haitis.

Pakistan: Kuba nach dem schweren Erdbeben 2005 das größte ausländische Kontingent mit 34 Lazaretten und ca. 2.000 medizinischen Fachkräften.

Tschernobyl: Kuba behandelte seit 1990 bis heute – manchmal über Jahre – fast 30.000 Tschernobyl-Opfer auf der Insel kostenlos, überwiegend Kinder, die nicht selten an Krebs erkrankt waren (Tarara).

Operación Milagro: Etwa 5 Millionen Menschen aus Lateinamerika und der Karibik erhielten durch kostenlose Augenoperationen ihr Sehvermögen zurück.

Westafrika: Kubaner konnten– selbst unerfahren im Umgang mit Ebola- 2014-2015 viele Erkrankte retten und die Mortalitätsrate halbieren.

Brigade Henry Reeve: gegründet durch die Idee Fidel Castros, „eine Armee in Weißkittel“ zu gründen, die die kubanische internationale Solidarität zum Ausdruck bringen sollte. Mittlerweile wird die Brigade für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Trotz Informationsblockade auch bei uns bekannter geworden durch den Corona – Einsatz in Europa, z.B. in Italien.

Die wirtschaftliche Blockade trifft Kuba und eben auch das Gesundheitswesen brutal hart. Wir möchten mit unserem Solidaritätsprojekt ein Zeichen konkreter Solidarität setzen.

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