AutorInEin Beitrag von Petra
Die Linke.Liste
Die Linke Kreisverband Oberhausen
24.06.2020

DIE LINKE.LISTE: Echte Gleichstellung bedeutet Änderung der sozialen Verhältnisse!

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren!

Wohl wissend, dass ein Sachstandsbericht zur Gleichstellung in Oberhausen nicht diese Fülle von erschreckenden Daten zu Tage bringen würde, hat die die SPD-Fraktion im März 2020 mit 78 Fragen zum Thema eine tatsächlich Große Anfrage gestellt.

An der 62 Seiten dicken Antwort haben sich viele Bereiche der Verwaltung und weitere externe Stellen beteiligt. Sowohl den Fragenden als auch den Antwortenden sei dafür gedankt.

Schon wegen der Art der gestellten Fragen und deren Beantwortung ist dann aber doch nur ein Sachstands- oder auch Zustandsbericht herausgekommen – die mögliche Vision einer gleichgestellten Gesellschaft wurde von beiden Seiten (bewusst?) ausgespart.

Das beweist wieder einmal, dass es Konzepte für eine inklusive Gesellschaft, also eine Gesellschaft, in der niemand exkludiert / ausgeschlossen wird, in der bundesdeutschen Wirklichkeit sehr schwer haben.

Der Hintergrund: Wer Inklusion fordert, will gesellschaftlich ausgrenzende Verhältnisse ändern. Schwierig! Es ist zum Beispiel noch gar nicht so lange her, dass der Begriff Armut auf die Einwohner der BRD nach offizieller Lesart nicht zutraf. Weswegen die sie hervorrufenden gesellschaftlichen Verhältnisse auch nicht geändert werden mussten. Punkt.

Wer hier in Oberhausen zu den Ausgeschlossenen gehört, finden wir im vorliegenden Dokument schnell:

25% aller Oberhausener Haushalte waren Ende 2019 im SGB-II-Bezug. In der Innenstadt und Lirich trifft das auf jede 2. Familie zu.

Alleinerziehende haben ein mehr als deutlich erhöhtes Armutsrisiko, denn in der Innenstadt und Lirich-Süd sind es 75%, die SGB-II beziehen. Und klar: davon sind 90% weiblich.

So zieht es sich durch das gesamte Dokument: Ausgeschlossen sind in dieser Gesellschaft Menschen mit schlecht bezahlten Arbeitsstellen. Und das sind vor allem Frauen mit Kindern, ganz besonders aber Alleinerziehende. Sie werden sagen: „Ja, aber da wurde doch schon vieles verbessert und vieles ist schon erreicht!“ Nein, sage ich, nichts ist erreicht.

Nehmen sie das sogenannte Elterngeld während der Elternzeit. Es ist nämlich kein adäquater Ersatz für ein Gehalt und für die spätere Rente schon gar nicht.

Und weil, im Dokument ist es nachzulesen, Männer immer noch wesentlich mehr als Frauen verdienen, sind es Frauen, die in Elternzeit gehen und damit die Rentennachteile in Kauf nehmen müssen.

Elterngeld wird genauso wie das Kindergeld bei Transfer-Leistungsbeziehern zu 100% als Einkommen angerechnet. Familien  oder Alleinerziehende  haben hierdurch also keinen Cent mehr als ohne diese Leistungen.

Ausgeschlossen sind ärmere Menschen, und darunter eben vor allem Frauen, von einer vernünftigen Bildung und kultureller Teilhabe. 7% ohne mindestens einen Hauptschulabschluss, 36%! der weiblichen Oberhausener Bevölkerung ohne beruflichen Bildungsabschluss. Wer sich mit Kind bemüht, diesen Abschluss nachzuholen, hat ohne Oma/Opa in der Nähe keine Chance, es fehlen die Betreuungsplätze während der Ausbildungszeit.

Ob es gesundheitliche Probleme sind oder Fälle häuslicher Gewalt, auch hier sind es Frauen, die es überdimensional betrifft.

Andere Ausgeschlossen kommen fast gar nicht vor: Ganz am Ende, auf Seite 61 nämlich, findet sich tatsächlich ein Hinweis zur LGBT-Community. Mit keiner Frage erwähnt werden Menschen mit Behinderungen, immerhin findet sich in einer Antwort der Verwaltung ein Hinweis darauf.

Wie könnten wir diese erschreckenden Zahlen nun nutzen? Theoretische und erprobte Modelle sind vorhanden, wollten wir die für all diese Zustände verantwortlichen gesellschaftlichen Verhältnisse verändern.

Unser Vorschlag ist nach wie vor ein übergreifender:

Einer, der die Erwerbsarbeit und ihre Arbeitsteilung, die Familienarbeit, die Arbeit für das Gemeinwesen und die Entwicklungschancen umfasst.

Einer, der weniger von der Politik, dafür mehr von und mit der Basis gesellschaftlich erarbeitet und durchgesetzt werden müsste. Fast alles darüber können Sie bei Frigga Haug lesen.

Fangen wir mit Marx und August Bebel bei der Arbeitsteilung an und da bei dem notwendig gleichen Verhältnis zwischen Mann und Frau. Dehnen wir den Begriff dann auf gleich verteilte, also kürzere Arbeitszeiten mit gleichem Verdienst aus. Dann sind wir sehr schnell bei einer gerechten Teilung der verfügbaren Arbeit, die niemanden ausschließt.

Möglicherweise die Kapitalisten, deren Privatgewinn schlagartig geringer würde, doch damit hätten wir weniger Probleme.

Mit einer vernünftigen Arbeitsteilung wachsen die Möglichkeiten der sozialen und kulturellen Teilhabe, wachsen die Entwicklungschancen aller Altersklassen. Gleichzeitig wächst das politische Bewusstsein, Politik von unten hieße das Schreckgespenst für alle Karrierepolitiker.

Damit habe ich die Möglichkeiten für eine aktiv praktizierte Gleichstellung nur kurz angerissen. Deutlich geworden ist aber bestimmt die Notwendigkeit der Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse.

Es würde sich schon lohnen, für eine solche Zukunft zu arbeiten!

 

Vielen Dank!

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