AutorInEin Beitrag von Petra
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Die Linke Kreisverband Oberhausen
16.12.2021

Haushaltsrede 2022

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, liebe Gäste,

Wir LINKEN würden ja gerne Ihren positiv gezeichneten Zukunftsblick für Oberhausen teilen.

Nur ist unser Blickwinkel ein anderer. Während Ihre Augen über das „Große Ganze“ irren, wollen wir mit den Augen der Bürger*innen, die in den so unterschiedlichen Stadtteilen leben, die Gegenwart prüfen und versuchen, in die Zukunft zu schauen. Und wir wollen, genau wie sie, auch immer einen vergleichenden Blick in die Vergangenheit werfen und schauen, was sich denn nun wirklich für die Mehrzahl der Bürger*innen zum Positiven wenden soll. Sie fragen: Wo kommen wir her und wie können wir wieder in eine Phase der Beschleunigung kommen?

Und freuen sich schon mal über die höhere Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft, weil die jährlichen 17 Millionen den Haushalt entlasten. Wer sind denn eigentlich die Empfänger*innen dieser 17 Millionen?

Genau, Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, das sind „die da unten“.

Die Menschen, die dieses System, der Kapitalismus, und Ihre Politik dorthin befördert haben. Ein Zustand, den sie hier feiern, anstatt darüber nachzudenken, wie es geschehen konnte, dass so viele Menschen von sogenannten Transferleistungen abhängig sind. Sich über so etwas zu freuen, dürfen wir wohl ungestraft Zynismus nennen. Aus Sicht dieser Menschen, deren Anzahl in den nächsten Jahren wachsen wird, wendet sich hierdurch gar nichts zum Positiven. „Wir brauchen mehr zeitgemäßen Wohnraum für Oberhausen!“ sagen Sie, Herr Oberbürgermeister. Und dass wir über Ausmaß und Vorgehensweise nicht alle einer Meinung sind. Tatsächlich, das ist so!

Während Sie wie das Kaninchen auf die Schlange auf die Menschen starren, die mit neuen Eigenheimen noch mehr grüne Flächen versiegeln, blicken wir auf die Menschen, die sich gar nicht erst mit derartigen Gedanken befassen können, weil ihnen das nötige Kleingeld fehlt. Ein Weg, diese Frage für die Zukunft ins Positive zu wenden, ist die Schaffung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, die zuständig für einen gesamtgesellschaftlichen sozialen Wohnungsbau ist. Wenig hilfreich ist dabei übrigens das Verscherbeln des Tafelsilbers, der Verkauf der letzten städtischen Grundstücke an irgendwelche Investoren. Deren Ziel kann ja nicht die Schaffung preiswerten Wohnraums, sondern ein möglichst hoher Profit sein.

Was den meisten Menschen, vielen am Existenzminimum Lebenden, bekanntlich wenig nützt. Ein Blick in den Armutsbericht wäre da hilfreich. Sie freuen sich über Millionen an Fördergeldern. Fördergelder! Allein für das Aufspüren der Töpfe, die Beantragung und Nutzung sind ganze Stäbe notwendig. Weil so ein Fördertopf aber ganz bewusst nicht für alle reicht, ist die Auslese einiger Weniger notwendig. Da werden dann z.B. lieber Talente gefördert, damit wenigstens die nicht auch noch hinten runterfallen. Für die anderen, die es auch verdient hätten, fehlt dann leider das Geld. Das heißt doch, nur für Wenige gibt es hier eine Wendung zum Positiven und die ist dann auch noch zeitlich befristet. Selbstverständlich können Sie sich darauf zurückziehen, dass das Land oder der Bund dafür zuständig ist, die menschengemachte Klimakrise abzubremsen.

Und deswegen den Ausbau des Autobahnkreuzes Oberhausen gar nicht erst erwähnen. Weil es hier dem ein oder anderen wichtiger ist, durch den zu erwartenden Lärmschutz seinen Pflaumenkuchen auf der Terrasse genießen können. Wichtiger jedenfalls als der Erhalt von 5.000 Bäumen, geschweige denn 1.000 zusätzliche zu pflanzen. Wohin auch damit, wenn weiterhin Flächen versiegelt werden. Und natürlich können sie dann auf die angeblich bis zu 1.000 Arbeitsplätze hinweisen, die das EDEKA

Logistikzentrum schaffen soll. Und dabei unterschlagen, dass schon mal mindestens 400 dieser Arbeitsplätze aus Moers übernommen wurden. Und die Umwelt? Täglich tausend zusätzliche LKW-Fahrten für Oberhausen und das zukünftige Klima, auf einer schnell ins Grüne gebauten neuen Straße. Dafür aber lieber kein Anschlussgleis, weil ne Bahn ja langweilig ist. Werden sich unsere Kinder und Enkelkinder später über so viel segensreichen Verkehr freuen? Oder werden sie vielleicht fragen, was Sie, Herr Oberbürgermeister damals getan haben, als schon lange klar war, dass der Verkehr in Oberhausen nicht mehr zunehmen durfte? Dass es damals einer grundlegenden Wende mit viel weniger Verkehr bedurfte! Und ja, Sie können hier auch für so essenziell wichtige Dinge werben, wie zum Beispiel für Topgolf! Toll! „Bestimmt wird die Mehrzahl der Oberhausener*innen Schlange stehen“, denn wer möchte nicht gerne kleine harte Bälle sinnlos ins Nirwana schlagen! Nicht ganz ins Nirwana natürlich. Dafür sorgen bis zu 50 Meter hohe Netze. Weil die Bälle sonst dem teuren Wagen auf dem Parkplatz eine Beule zufügen könnten. Und auch die Vögel werden es zu schätzen wissen, wenn sie sich in einem solchen Netz verfangen.

Mal ehrlich, Herr Oberbürgermeister, viel Sinnfreieres als diese von Ihnen so hoch gelobte Anlage dürfte es nicht geben. Aber klar – bis zu 450 Arbeitsplätze sollen geschaffen werden. Wie viele davon sind denn so ausgestattet, dass die Beschäftigten sorgenfrei in die Zukunft schauen können und sich nicht vor Altersarmut fürchten oder gar zusätzlich Transferleistungen beantragen müssen?! Was, bitte schön, wendet sich durch Topgolf für die Mehrzahl der Oberhausener*innen zum Positiven?

Wir werden im nächsten Jahr nicht so viel investieren, wie wir geplant haben. Dennoch liegen die tatsächlich getätigten Investitionen in den vergangenen 6 Jahren doppelt so hoch wie in den 6 Jahren zuvor! Das ist ein Grund zur Freude, sagen Sie. Nein, ist es nicht! Es ist nichts anderes als Wahlkampfgeplärre, denn der Inhalt Ihrer Aussage tendiert doch eher gen Null. Genauso, wie all Ihre anderen Vergleiche zwischen dem Heute und der Vergangenheit!

Sie alle hier, deren Parteien für die Politik der letzten 12 und mehr Jahre verantwortlich sind, wissen genau wie wir: der tatsächliche Investitionsbedarf für Schulen, Kindergärten, Jugendzentren, familienunterstützende Sozialarbeit, für eine gelungene Verkehrswende, Spielplätze, Freizeitanlagen, etc., ist bei weitem höher! „Ein Tropfen auf den heißen Stein“, wäre die korrekte Aussage zu diesen Investitionen.

Und nichts wendet sich für die Mehrzahl der Oberhausener Bürger*innen zum Positiven, wenn Sie heute schon betonen, dass nur ein Teil der Investitionen verausgabt werden wird. Viel Raum im Haushalt nimmt der durch die Pandemie hervorgerufene Schaden ein. Die dafür zusätzlich verausgabten Gelder (57,7 Mio ) schießen Land und Bund vor.

Sie, Herr Oberbürgermeister, sagen dazu: „nur weil wir ihn isolieren und über 50 Jahre verteilen dürfen, bekommt die gute Entwicklung keine stärkere Delle!“ Der Kämmerer sieht das völlig anders. Er kritisiert diese Isolierung und die dadurch notwendige Neuverschuldung, die genehmigte Haushalte erfordert und die Belastung auf zukünftige Generationen verlagert. Wir werden nicht weiter das Klagelied des Kämmerers singen. Eines aber ist auch hier klar: Zum Positiven wendet sich hier nichts, weder für die heutige noch für die kommenden Generationen!

Was wäre zu tun, um dann doch endlich mal einen Dreh ins Positive zu bekommen?

Für die meisten hier gibt es eine einfache Antwort: Nämlich das Lösen der Altschuldenfrage! Falsch, denn damit haben sie noch lange nicht die Frage gelöst, die ich zu Anfang gestellt habe: Wie es denn in dem von Ihnen so hoch gelobten System zu der sich immer weiter öffnenden Schere zwischen da unten und da oben kommt? Dazu allerdings gibt es meterweise Literatur. Damit sie nicht so langen suchen müssen, verweisen wir einfach mal auf Christoph Butterwegge und Ulrich Schneider.

Das wären neben anderen die, die sich der sozialen Fragen angenommen haben. Fangen Sie einfach mal an zu lesen und denken darüber nach. Tatsächlich ist da ja noch die andere Krise. Der es völlig gleich ist, ob wir es schaffen sie abzubremsen oder ob nicht. Dazu hatte ich eben schon etwas gesagt. Leider beeinflusst die menschengemachte Klimakrise, im Gegensatz zur Pandemie, noch nicht das Verhalten der Mehrheit der Menschen. Und doch ist nichts notwendiger als das! Ja, wir werden auch für Oberhausen Pläne entwickeln müssen, um Oberhausen widerstandsfähiger zu machen. Allein – das Emscher-Projekt und begrünte Dächer werden bei weitem nicht reichen.

Genau das ist die wirklich wichtige Aussage: Ein gutes Leben für alle bedingt zuallererst eine sozial abgestimmte Politik des Wandels in fast allen Lebensbereichen.

Nichts davon finden wir in diesem Haushalt, weswegen wir ihn auch in diesem Jahr wieder ablehnen werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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