AutorInEin Beitrag von Lühr
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Die Linke Kreisverband Oberhausen
07.03.2022

Unsere friedenspolitische Rede zum Ukraine-Krieg

Es ist das Zeitalter der Falken und der Heuchler – Im Krieg stirbt die Wahrheit auf allen Seiten zuerst!

Die russische Führung begann am Morgen des 24. Februar einen Angriffskrieg gegen die souveräne Ukraine!

Einen Völkermord wolle man verhindern, die Nazibande in der Ukraine entfernen – das sind die Worte des russischen Präsidenten. Eines Präsidenten, der sich von der Front National und Marie Le Pen, von AfD-Abgeordneten hofieren lässt, der zu allen rechten Bewegungen auf diesem Globus gute Beziehungen hat und der kein Problem hat mit Medien, die Verschwörungsideologen hochleben lassen.

Hunderttausende sind auf der Flucht, unzählige Menschen sterben, sowohl auf ukrainischer als auch auf russischer Seite.

Wir fordern die sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen und den unverzüglichen Rückzug der russischen Truppen weit hinter die Grenze! Wir fordern von beiden Seiten den Beginn ernstgemeinter Verhandlungen mit dem Ziel eines gemeinsamen Sicherheitskonzeptes!

Wir fordern die Gleichbehandlung aller Menschen, die aus Angst vor diesem und anderen Kriegen fliehen und alles, was ihnen etwas bedeutet hat zurücklassen mussten.

Es ist das Zeitalter der Falken und der Heuchler – im Krieg stirbt die Wahrheit auf allen Seiten zuerst!

Aus allen Medien tönt es: Dieses ist der erste Angriffskrieg in Europa seit 1945! FALSCH! In meinem Tagebuch habe ich vermerkt: 24. März 1999: Seit heute Abend greift die Bundesrepublik Deutschland im NATO-Verbund die VR Jugoslawien an. Deutschland hat wieder einen Krieg vom Zaun gebrochen.

Die deutsche Regierung erfand damals für diesen Angriffskrieg den sogenannten Hufeisenplan, der Grüne Joschka Fischer sprach von der Verhinderung eines zweiten Auschwitz und unterstützte gleichzeitig die ultrarechte UCK im Kosovo.

Überall in der Welt erstrahlen Wahrzeichen und Gebäude in den Farben der Ukraine. Das kann man Solidarität mit einem überfallenen Land nennen.

Doch wann erstrahlt das Weiße Haus aus Solidarität in den Farben des Jemen? Niemand redet über die seit Jahren anhaltende Kriegs- und Hungerkatastrophe, angezettelt von den benachbarten Diktaturen.

Wann erstrahlt das Brandenburger Tor endlich aus Solidarität in kurdischen Farben, wenn die türkische Regierung die kurdische Bevölkerung wieder einmal angreift oder mit eigenen Truppen einen Angriffskrieg gegen die durch Kurden vom IS befreiten Gebieten führt?

Wann erstrahlen die Gebäude in afghanischen Farben, um die Solidarität mit dem hungernden und frierenden afghanischen Volk zu zeigen und auf die unglaubliche Katastrophe hinzuweisen, die die NATO verschuldet hat? Eine Katastrophe mit Ansage, denn es war absehbar, dass das afghanische Volk wegen der Sanktionen unglaublich leiden würde!

Wann erstrahlen die Gebäude aus Solidarität in den unzähligen Farben der Amazonas-Völker? Vertrieben und getötet durch die rechtsgerichtete Regierung Brasiliens! Vertrieben und getötet, damit sie das Abbrennen des Regenwaldes nicht stören.

Wann erstrahlen die europäischen Gebäude aus Solidarität in den unzähligen Farben der Flüchtlinge, die an den Grenzen der EU gewaltsam zurückgetrieben werden. Flüchtlinge, die nicht in den Genuss der EU-Massenzustromrichtlinie kommen werden, weil sie, wie ich gestern im Radio von einem polnischen Mann erfahren durfte, „verdammte Moslems“ sind.

Es ist das Zeitalter der Falken und der Heuchler – Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst! Oder wird einfach weggelassen!

Während ein Professor 1992 vom „Ende der Geschichte“ faselte, entwickelte der Sicherheitsberater der US-Regierung Brzezinski seine Theorie von der alleinigen Weltmacht USA.

Eine Weltmacht, die in Zukunft nur von der VR China bedroht werden würde. Um China zu bekämpfen, würden die USA in Europa einen regionalen Keil brauchen. Einen, der mögliche russische Ideen, gemeinsam mit China gegen die USA anzutreten, von vornherein unterbinden würde. Dieser Keil ist in diesem Buch die Ukraine. Es ist die militärische und ökonomische Blaupause für alles, was die NATO in den letzten Jahrzehnten an ihrer Ostflanke unternommen hat.

Es ist das Zeitalter der Heuchler: Kein Mensch redet mehr vom Minsker Abkommen, das die ukrainische Regierung niemals auch nur ansatzweise abwickelte. Stattdessen wurde laut OSZE in den letzten Monaten auf beiden Seiten in der Donbass-Region der sowieso brüchige Waffenstillstand immer häufiger gebrochen.

Um es klar zu sagen: Das entschuldigt das Verbrechen dieses Angriffskriegs absolut nicht! Es macht nur deutlich, dass die Falken auf beiden Seiten saßen und sitzen.

Diese OSZE heißt ausgesprochen „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit“. Sie existiert seit 1995 und geht zurück auf die „Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit“, deren Schlussakte in Helsinki am 01. August 1975 unterzeichnet wurde.

Die OSZE besteht aus 57 Teilnehmerstaaten: allen Staaten Europas– und nur, weil hier gerade keine Weltkarte hängt: Russland ist ein Teil Europas – der Mongolei, den Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie den Vereinigten Staaten und Kanada. Der Name ist Programm: es basiert auf gemeinsamer Sicherheit und Zusammenarbeit.

Seit dem Beginn der 70er Jahre existiert also das Konzept einer globalen Sicherheitspolitik. Immer wurde es bekämpft von den Falken aller Länder, denn diese haben keinen Respekt vor den Toten und anderen Folgen eines Krieges. Und leider haben sie vorläufig gesiegt. Begraben wurde es am 24. Februar durch die russische Regierung.

Dennoch – ein globales Konzept der Sicherheit und Zusammenarbeit ist das einzige Konzept, das helfen kann, Kriege endlich auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen.

Es ist das einzige Konzept, das den Frieden zur „ultima ratio“, zum absoluten Ernstfall machen kann. Worte von Willy Brandt und Gustav Heinemann.

Deswegen fordern wir noch einmal: Die Waffen nieder! Sofortiger bedingungsloser Stopp aller Kampfhandlungen! Rückzug aller russischen Truppen! Wir fordern das Recht auf Kriegsdienstverweigerung für alle Menschen, auch für russische und ukrainische Soldat:innen.

Und vor allem: Wir fordern den Beginn von globalen Verhandlungen für ein Sicherheitskonzept, das ökonomische und militärische Kriege unmöglich macht.

Oberhausen, 03. März 2022

 

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