AutorInEin Beitrag von Yusuf
Die Linke.Liste
Die Linke Kreisverband Oberhausen
16.11.2022

Ratsrede zum Haushalt 2023

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren der demokratischen Fraktionen,

ein weiterer unsolidarischer Haushaltsplan liegt vor uns. Unsolidarisch, weil ein kleiner Teil dieser Gesellschaft, der Teil, der auf 90 Prozent des Vermögens in diesem Land sitzt, sich nicht am Unterhalt des ihn so treu umsorgenden Staates beteiligt. Unsolidarisch, weil dadurch die Ungleichheit zwischen Armen und Reichen jeden Tag vergrößert wird.

Die Buchführungszaubertricks, mit denen die Kosten der Pandemie und die durch den Krieg in der Ukraine hervorgerufenen aufgefangen werden, wären nicht notwendig, wenn diese Drückeberger:innen gesetzlich zur Beteiligung verpflichtet wären.

Seit Jahren lassen Bundes- und Landesregierungen die Kommunen ausbluten! Statt des angeblichen Silberstreifs am Horizont werden sich die Diskussionen auch in den nächsten Jahren um die Frage drehen, wo noch was weggekürzt werden kann.
Währenddessen wissen die Einkommensmillionäre und Vermögensmilliardäre kaum noch, wohin mit ihrem Geld. Viele von ihnen haben von der Krise profitiert, wenn man nur an die Familien Albrecht, Schwarz, Klatten, Quandt und Haub denkt.

Wir Linke fordern seit Langem eine Vermögensabgabe für Superreiche, und mit Vermögensabgabe meinen wir – anders als die CDU – nicht, dass Gelder als Provision an Politiker fließen sollen.

Diese Vermögensabgabe muss den Kommunen zugutekommen, um die notwendige Daseinsvorsorge wieder aufzubauen und die unsägliche Zerschlagung des öffentlichen Sektors zurückzunehmen. Darüber hinaus fordern wir die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, die früher als Landessteuer überwiegend den Kommunen zu Gute kam und wieder kommen soll.

Wenn wir Innenstädte lebendig halten wollen, brauchen wir stationären Handel, lebendige Kultur und gute Gastronomie, einen guten öffentlichen Nahverkehr und ein nachhaltiges Wirtschaften mit unseren begrenzten Ressourcen. Wir müssen den vielen Menschen, denen die Pandemie gesundheitlich, finanziell und sozial zugesetzt hat, Perspektiven bieten können. Das gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche, die besonders unter der Situation leiden. Daher haben wir mit unseren jüngsten Anträgen, wie die zur finanziellen Entlastung der freien Jugendhilfeträger oder zur Frage der Energiesperren die Initiative ergriffen, um noch schlimmere Belastungen für die Menschen in Oberhausen abzufedern. Nun müssen konkrete Schritte folgen.

Um das zu erreichen, bedarf es finanzieller Mittel, bedarf es eines Aufschreis der Kreise und Kommunen gegenüber dieser Bundesregierung. Es muss mehr gewollt und größer gedacht werden!

·         Die Kommunen benötigen höhere Schlüsselzuweisungen, einen höheren Anteil an dem Steueraufkommen.

·         Bei der Übertragung von (Pflicht-) Aufgaben muss das Konnexitätsprinzip („Wer bestellt, muss auch bezahlen“) vollständig durchgesetzt werden (§ 3.4 GO NRW / Art. 104a Grundgesetz).

·         Es muss eine rasche Lösung für die Altschulden geben (Altschuldenfonds für Kommunen auf Landes- und Bundesebene)

·         Das System der Fördertöpfe, also Sonderfinanzierungen über Europa-, Bundes- und Landesprogrammen muss zugunsten von verstetigten Zuweisungen zumindest überholt und entbürokratisiert werden.

·         »Sonderfonds« für Corona, Ukraine oder wie auch immer sie zukünftig heißen mögen, dürfen nicht zu Lasten der Gemeinden gehen. Eine Abschreibung der Kosten in 2025 komplett oder ab 2025 über 50 Jahre verschiebt die Kosten nur an spätere Generationen.

Eine Stadtgesellschaft benötigt aber mehr, um zusammengehalten zu werden! Wir sehen, dass die Schlangen vor der Tafel immer länger werden. Die Preise für Lebensmittel, Strom und Gas gehen durch die Decke. Immer mehr Menschen müssen wegen der gestiegenen Preise eine Mahlzeit ausfallen lassen. Sie wissen nicht mehr, wie sie über den Monat oder über den Winter kommen sollen.

Gleichzeitig verzeichnen die Konzerne mit Krieg und Krise außerordentliche Gewinne, wird der Club der Superreichen größer. Shell hat im zweiten Quartal seinen Gewinn verfünffacht (17,8 Milliarden Euro). Während die Lebensmittelpreise explodieren, sind unter den zehn reichsten Deutschen gleich drei Besitzer:innen von Lebensmittel-Discountern.

Wir sagen: Es reicht! Strom, Heizen, Lebensmittel, Bus und Bahn müssen für alle bezahlbar sein.

Manche gewinnen immer, wenn die Regeln nicht geändert werden. Deswegen müssen Bund und Länder dafür sorgen, dass die Entlastung von den Preissteigerungen sozial gerecht ist und Ungleichheit abgeschafft wird.

Was aber tut die Regierung?

Statt den Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zu helfen, die sich mehrere Tausend Euro Nachzahlung für die Heizung nicht leisten können, plant sie eine Steuerreform, bei der 70 Prozent der Entlastungen den 30 Prozent mit dem höchsten Einkommen zugutekommen.

Wieder ein Programm der Verteilung des Reichtums von unten nach oben!

Krieg, Krise und Inflation heizen die soziale Ungleichheit weiter an.

Was tut die Regierung?

Sie verzichtet auf die Übergewinnsteuer, die bis zu 100 Milliarden Euro einbringen könnte. Es ist höchste Zeit, dass sich was ändert. Es ist höchste Zeit für die Abschaffung der Ungleichheit!

Das Entlastungspaket der Regierung fördert die soziale Spaltung! Bei den Direktzahlungen des »Entlastungspakets« der Regierung bekommen alle mit Erwerbseinkommen 300 Euro – auch Viel­verdienende. Wer Hartz IV bezieht und in Armut lebt, bekommt einmalig 100 Euro (plus 100 Euro Corona-Bonus). Das ist zutiefst ungerecht!

Seit Langem fordert die LINKE.LISTE, dass es mehr Personal z.B. im Bereich der Ausländerbehörde, dem Meldewesen oder im Erziehungswesen bedarf. Wir erkennen, dass in einigen Bereichen der Verwaltung die Personalsituation verbessert wurde, natürlich ausgenommen die unsäglichen Befristungen. Das ist aber nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Auch in anderen Bereichen ist die Politik der Stadt nicht bereit auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen. In diesem Sommer wurde während der Hitzeperiode noch einmal deutlich, wie notwendig es ist, für alle Menschen nutzbare städtische Freibäder zu haben. Die bisherigen Angebote reichen bei weitem nicht aus und sind leider für viele Menschen nicht erschwinglich. DIE LINKE.LISTE hat sich immer gegen Schwimmbadschließungen ausgesprochen und fordert seit Jahren den Bau eines neuen Freibades. Leider verstecken sich Rat und Verwaltung immer noch hinter längst beschlossenen Prüfaufträgen, anstatt das wirklich Notwendige in den Blick zu nehmen.

Wirklich inakzeptabel bleibt auch die standhafte Weigerung aller anderen Fraktionen in diesem Hause, wirksame Maßnahmen gegen den Wohnungsmangel zu ergreifen. Eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, die den Wohnungsmarkt reguliert und guten und günstigen Wohnraum zur Verfügung stellt, ist doch logisch und vor allem notwendig. Wir sehen gerade in unserer Stadt, wie es nicht geht. Wie Wohnungspolitik nur für Besserverdienende und Reiche gemacht wird. Wie Menschen ohne Einkommen in Schimmelbuden sitzen. Wie Wohnraum verkommt, wie Spekulanten den Wohnraum verknappen und dann Profit damit machen. Als kommunale Politik sind wir aber den Menschen verpflichtet, nicht dem Profit der Wohnungskonzerne!

Sehr geehrter Herr Schranz,
meine Damen und Herren der demokratischen Fraktionen,

man könnte auch sagen, »…und täglich grüßt das Murmeltier«. Die Stadt Oberhausen wird perspektivisch immer vor der Frage stehen, was will man gegeneinander abwägen und zusammenkürzen. Ist es die Instandhaltung städtischer Liegenschaften oder wollen wir mehr Mittel für eine ordentliche Ausstattung des offenen Ganztages. Es wird eine zunehmende Elendsverwaltung und der politische Einfluss des Rates  wird zunehmend seiner Befugnisse beraubt werden.

Solange die Kommunen, wie die Stadt Oberhausen, nicht durch Bund und Land in eine tragfähige, gestalterische Haushaltsposition versetzt wird, lehnen wir jeden Haushalt ab.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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